Sozialwahlen 2023: Was ist Selbstverwaltung?
Organisationen, die selbstverwaltet arbeiten, ebnen den Weg für größtmögliche Demokratie in ihrer Entscheidungsfindung. Die für einen festgelegten Zeitraum gewählten Vertreterinnen und Vertreter werden durch unterschiedliche Gremien dabei unterstützt, dieses Ehrenamt auszuführen. Was aufwändig klingt, hat sich bei der VBG mehr als bewährt. Was genau dahintersteckt, verrät dieser Beitrag.
Dass bei einem Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit die VBG für ihre Versicherten einspringt, ist den meisten ihrer Mitglieder bekannt. Was wenige wissen: In ihren Gremien steuern ehrenamtlich tätige Unternehmerinnen und Unternehmer sowie Versicherte die Arbeit der VBG demokratisch – mit maximaler Transparenz und großem Engagement. Die Berufsgenossenschaft verwaltet sich selbst. Dem, was wir aus der Politik als Parlament kennen, entspricht die Vertreterversammlung, der Regierung kommt der Vorstand gleich. Die aktuelle Amtsperiode endet 2023. Alle sechs Jahre finden die Sozialversicherungswahlen statt, bei denen engagierte Vertreterinnen und Vertreter gewählt werden; die nächste am 31. Mai 2023.
Um die Rahmenbedingungen für diejenigen, die sich in der Selbstverwaltung ehrenamtlich engagieren möchten, zu verbessern, wurde bereits Ende 2020 das Gesetz zur Modernisierung der Sozialversicherungswahlen verabschiedet. Die Reform trägt vor allem dazu bei, die Selbstverwaltung zu stärken, den Bekanntheitsgrad der Sozialversicherungswahlen zu steigern und damit für eine höhere Wahlbeteiligung zu sorgen. Ein wichtiges Novum: Um den Anteil von Frauen in den Vertreterversammlungen und Vorständen der Sozialversicherungsträger zu erhöhen, sollen Frauen bei der Aufstellung einer Vorschlagsliste künftig zu mindestens 40 Prozent berücksichtigt werden.
Paritätische Besetzung
Um die Interessen aller VBG-Mitglieder in der gesetzlichen Unfallversicherung vertreten zu können, sind die Mandate in der Selbstverwaltung gleichmäßig auf Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sowie Versicherte verteilt. So werden jeweils 30 Vertreterinnen und Vertreter getrennt für die Vertreterversammlung gewählt. Sobald die Vertreterversammlung steht, wählt diese den Vorstand.
Der 16-köpfige Vorstand besteht aus jeweils acht Arbeitgeber- und Versichertenvertreterinnen und -vertretern. Er arbeitet eng mit der Vertreterversammlung zusammen und gibt den Rahmen für die Führung der laufenden Verwaltungsgeschäfte durch die Geschäftsführung vor. Beide Organe erarbeiten Beschlüsse und sorgen dafür, dass alle gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben erfüllt werden.
Von Arbeitgeber- und Versichertenseite werden Vorschlagslisten mit Kandidatinnen und Kandidaten eingereicht, die sich zur Wahl in die Vertreterversammlung stellen. Das Wahlverfahren hängt von den eingereichten Vorschlagslisten ab. Werden von Arbeitgeber- und Versichertenseite in ihren Listen nur so viele Kandidatinnen und Kandidaten vorgeschlagen, wie später zu wählen sind, kommt es zu keiner Urwahl. Sollten mehr Kandidatinnen und Kandidaten vorgeschlagen werden, findet die Wahlhandlung in Form einer Briefwahl statt.
Auch hier sorgt das neue Gesetz für noch mehr Transparenz und Demokratie: Vorschlagsberechtigte sind nun dazu verpflichtet, über die Aufstellung der sich Bewerbenden eine Niederschrift zu fertigen, aus der deutlich wird, nach welchen Kriterien die Bewerberinnen und Bewerber ausgewählt wurden. Wenn die gesetzlich geforderte Geschlechterquote nicht eingehalten werden kann, muss dies begründet werden. Der Zugang zu den Wahlen wird leichter, weil das Unterschriftenquorum auf maximal 1.000 einzuholende Unterschriften gesenkt wurde. An einem Modellprojekt zur Durchführung von Onlinewahlen nimmt die VBG zunächst nicht teil. Nur im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung wird zur Sozialversicherungswahl 2023 den Versicherten sich beteiligender Krankenkassen die fakultative Onlinewahl angeboten.
Ehrenamt und Transparenz
Die Arbeit innerhalb der Selbstverwaltung ist ehrenamtlich. Es ist für die Arbeit der Selbstverwaltung von großem Vorteil, dass deren Mitglieder aus Arbeitgeber- und Versichertenvertreterinnen und -vertretern bestehen. Aus eigener Betroffenheit heraus verstehen diese die Anliegen besser als jede staatliche Verwaltung. Durch die Selbstverwaltung haben Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sowie Versicherte eine vertrauensvolle Beziehung zu ihren jeweiligen Vertreterinnen und Vertretern. Auch der Gesetzgeber weiß die Äußerungen der Selbstverwaltung sehr zu schätzen, da die Mitglieder mit hoher Sachkenntnis zu Entscheidungen beitragen.
Deshalb wird das ehrenamtliche Engagement weiter gestärkt: Das Gesetz regelt den Freistellungsanspruch für die Ausübung der ehrenamtlichen Tätigkeit – der über das bereits gesetzlich verankerte Benachteiligungsverbot hinausgeht. Für selbst gewählte Fortbildungsmaßnahmen, die für eine ordnungsgemäße Ausübung des Ehrenamtes förderlich sind, besteht nun ein zusätzlicher Urlaubsanspruch von bis zu fünf Arbeitstagen.
Wer kann das Prinzip der Selbstverwaltung besser zusammenfassen als eine langjährige Aktive? Gabriele Platscher ist Vorstandsvorsitzende auf der Versichertenseite der VBG. Sie sagt: „Die Selbstverwaltung gibt Betroffenen die Möglichkeit, sich an den Entscheidungen ihrer Sozialversicherungsträger zu beteiligen, und trägt so maßgeblich dazu bei, dass Institutionen wie die VBG sich als mehr verstehen als rein wirtschaftlich handelnde Unternehmungen.“ Das ganze Interview gibt es hier.
Dieser Beitrag erschien ursprünglich in Certo, dem digital verfügbaren Kundenmagazin der VBG. Hier finden Sie den Text in leichter Sprache.
Einen umfassenden Überblick über die Zusammensetzung und die Aufgaben der Selbstverwaltung der VBG erhalten Sie in unserem Erklärfilm Selbstverwaltung.