Teil 2: Fußball ist Kopfsache
Warum ihr nach einer Trainingspause auch mental fit sein müsst
Gespielt wird unser aller Lieblingssport zwar mit den Beinen und Füßen, doch Fußball ist definitiv auch Kopfsache. Gerade nach einer längeren Verletzungsunterbrechung oder einer Trainingspause kann es leicht passieren, dass ihr Situationen falsch einschätzt oder euch das passende Timing fehlt. Warum es dazu kommt und welche Folgen das haben kann, haben wir näher untersucht.
Die Macht der Gewohnheit
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Dabei gewöhnt er sich nicht nur an einen geregelten Tagesablauf oder Rituale nach Feierabend, sondern auch an Gefühle und Empfindungen. Damit sind weniger emotional-psychische Interpretationen von Situationen gemeint, aus denen Emotionen wie Wut, Freude und Trauer resultieren. Es geht vielmehr darum, dass wir bei sich ständig wiederholenden Abläufen ein Gefühl für unseren Körper entwickeln und bestimmte Dinge nach tausendfacher Wiederholung im Schlaf durchführen könnten.
Zum leichteren Verständnis ein hypothetisches Beispiel: Ihr sollt in jedem Training zehn Minuten lang Flugbälle über 20 Meter schlagen, die auf der Brust eures Mitspielers landen. Seid ihr mitten in der Saison und führt diese Übung jeden Tag durch, weiß euer Kopf irgendwann genau, mit welchem Kraftaufwand er den Ball an welcher Stelle zu treffen hat – die Übung ist euch in Fleisch und Blut übergegangen. Nach einer Wettkampf- oder Verletzungspause müsst ihr diese Übung allerdings mehrfach wiederholen, damit euer Gehirn die Informationen auffrischt, ihr wieder euer gewohntes Gefühl für Kraft und Timing bekommt und nahezu jeden Ball perfekt spielt.
„Da war noch ein bisschen Krieg mit dem Ball.“ Maximilian Arnold, Bundesligaspieler VfL Wolfsburg über die angelaufene Europa-League-Vorbereitung
Situationen falsch einschätzen
Doch nicht nur das fehlende Ballgefühl oder eine falsche Einschätzung des benötigten Kraftaufwandes sind Folgen einer Sportpause. Besonders fatal kann ein misslungenes Timing enden, beispielsweise in Zweikämpfen oder Luftduellen. Denn daraus resultiert eine höhere Verletzungsgefahr für die beteiligten Akteure – und die ist im Fußball ohnehin höher als in anderen Sportarten: Durchschnittlich verletzen sich Fußballer 2,7 Mal pro Saison (Quelle: VBG Sportreport 2019). Weder im Eishockey noch im Handball oder Basketball liegt der Wert auf diesem Level. Und die Wahrscheinlichkeit, sich zu verletzen, ist aufgrund der ungewohnten Belastung und der teils neuen Abläufe nach einer Pause sowieso größer.
Paradebeispiel Yannick Gerhardt
Nach einer knapp zweimonatigen, coronabedingten Pause nahm der VfL Wolfsburg Mitte Mai das Training wieder auf. Alle Spieler kamen fit aus ihrem Urlaub zurück und sehnten den Re-Start der Bundesliga herbei. Doch im Training verletzte sich Mittelfeldspieler Yannick Gerhardt bei einem Luftzweikampf und zog sich mehrere Knochenbrüche im Gesicht zu. Sein Trainer Oliver Glasner hatte eine Vermutung, weshalb es zu der Verletzung kam.
„Ich möchte nicht so weit gehen zu sagen, das war jetzt der ausschlaggebende Grund. Aber natürlich sieht man Unterschiede beim Timing. Die Jungs konnten das ja acht Wochen lang nicht machen.“ Oliver Glasner, Trainer VfL Wolfsburg
Glasners Aussage legt nahe, dass fehlender Koordination und mangelndem Timing nach einer Wettkampfunterbrechung im Profisport mehr Beachtung geschenkt werden sollte. Das gilt natürlich auch im Nachwuchsbereich. Beim Wiedereinstieg nach einer längeren Pause solltet ihr nicht nur berücksichtigen, dass euer Körper nicht mehr an die Belastung gewohnt ist. Auch euer Kopf muss sich erst wieder auf Belastung und auftretende Situationen einstellen. Gebt darauf Acht, ansonsten riskiert ihr bereits vor dem Saisonbeginn einen verletzungsbedingten Ausfall.
Quelle: Gokixx