Absturzsicherungen

1. Allgemeines

Dacharbeiten
Bild: Franz Pfluegl - Fotolia.com

Insbesondere auf Baustellen und bei Arbeiten auf Dächern besteht Absturzgefahr. Aber auch bei weiteren Tätigkeiten, die ein Arbeiten in der Höhe erforderlich machen (z.B. Fenster putzen), kann Absturzgefahr bestehen.

Als Absturzkanten bezeichnet man Kanten, über die Personen abstürzen können. Eine Absturzkante ist auch die Kante zu einer mehr als 60 Grad geneigten Dachfläche oder der Übergang von einer trittsicheren auf eine nicht durchtrittsichere Fläche.

Absturzkanten und Absturzhöhen
Abbildung: aus Technische Regel für Arbeitsstätten ASR A2.1

Bei Arbeiten an Absturzkanten kann es zu schweren oder tödlichen Unfällen kommen. Zum Schutz vor Absturzereignissen müssen primär technische Absturzsicherungen verwendet werden.

Beispiele für Absturzsicherungen:

  • Dreiteiliger Seitenschutz (siehe Bild unten)
  • Abdeckungen über Öffnungen, nicht druchtrittsicheren Glasflächen und Lichtkuppeln
  • Absperrungen auf Flachdächern und vor Öffnungen oder Vertiefungen
  • Leiterbühnen (für kurzzeitige Arbeiten) oder Hebebühnen, fahrbare Arbeitsbühnen
  • Gitter in Lichtkuppeln
  • Fanggerüste
  • Dachschutzwände/Dachfanggerüste
  • Auffangnetze
  • Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz
Dreiteiliger Seitenschutz
Dreiteiliger Seitenschutz Bild: Udo Hermann @stock.adobe.com

Wichtig ist: Technische Absturzsicherungen haben aufgrund der wesentlich höheren Wirksamkeit Vorrang vor der Verwendung von Persönlicher Schutzausrüstung.

Absturzsicherungen sind auf Baustellen notwendig …

  • bei Bodenöffnungen,
  • bei frei liegenden Treppenläufen und Treppenabsätzen, Wandöffnungen sowie an Bedienungsständen für Maschinen und deren Zugängen ab einer Absturzhöhe von 1,00 m,
  • bei allen übrigen Arbeitsplätzen und Verkehrswegen bei mehr als 2,00 m Absturzhöhe,
  • bei Arbeiten an und über Wasser ab 0 m.

2. Dachschutzwände/Dachfanggerüste

Diese Absturzsicherungen werden bei hochgelegenen Arbeitsplätzen auf Dächern mit einer Neigung von 20° bis 60° angewandt. Insbesondere bei Arbeiten im Bereich der sogenannten “Traufe” oder auf der Dachfläche in der Nähe der Absturzkante.

Beim Einsatz von Dachschutzwänden ist Folgendes zu beachten:

  • Sie dürfen nur bis zu einer Dachneigung von 60° eingesetzt werden.
  • Bei Dachneigungen von 45° bis 60° darf der Höhenunterschied zwischen den Arbeitsplätzen auf dem Dach und den Einrichtungen zum Auffangen von Personen nicht mehr als 5,00 m betragen.
  • Werden Dachfanggerüste oder Dachschutzwände als Absicherung bzw. Auffangeinrichtungen verwendet, müssen diese den zu sichernden Arbeitsbereich seitlich um jeweils 1,00 m nach links und rechts überragen.
  • Dachschutzwände müssen eine Bauhöhe von mindestens 1,00 m haben.
  • Dachschutzwände müssen aus einem Rahmen bestehen, der mit Netzen oder Geflechten bespannt ist. Die Maschenweite darf dabei höchstens 10 cm betragen.
  • Die Dachschutzwände dürfen nur an ausreichend stabilen und tragfähigen Teilen angebracht werden. Diese müssen in der Lage sein die auftretenden Kräfte (z. B. durch einen Sturz) aufzunehmen und weiterzuleiten.

Beim Einsatz von Dachfanggerüsten ist zusätzlich zu beachten:

  • Die maximale Absturzhöhe zwischen Absturzkante (Traufe) und dem Gerüstbelag darf die Höhe von 1,50 m nicht überschreiten. Die Breite des Gerüstbelages muss dabei mindestens 0,60 m betragen.
  • Die Schutzwand des Dachfanggerüstes muss so hoch sein, dass eine abrutschende Person auf der schiefen Fläche des Daches, nicht über die Wand hinausfällt.
Dachfanggerüst
Dachfanggerüst

3. Auffangnetze

Auffangnetze werden zur Absturzsicherung bei Errichtung von turmartigen Bauwerken oder bei der Dacheindeckung von Hallen verwendet (Verlegen großformatiger Elemente). Auffangnetze haben gegenüber Fanggerüsten den Vorteil, dass eine abstürzende Person in dem Netz weicher aufgefangen wird, als durch den harten Belag eines Fanggerüstes.

Dachfangnetze
Dachfangnetze

Beim Einsatz von Auffangnetzen ist folgendes zu beachten:

  • Nur geprüfte, gekennzeichnete und unbeschädigte Auffangnetze sind zu verwenden.
  • Auffangnetze dürfen nur eingesetzt werden, wenn die Prüfung der Halterung nicht länger als 1 Jahr zurückliegt.
  • Auffangnetze dürfen nur an tragfähigen Bauteilen befestigt werden.
  • Für Auffangnetze muss eine Gebrauchsanleitung auf der Baustelle vorhanden sein.
  • Die Maschenweite darf maximal 10 cm betragen. Werden Schutznetze zum Schutz gegen herabfallende Gegenstände eingesetzt, darf die Maschenweite maximal 2 cm betragen.

4. Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz

Die Persönliche Schutzausrüstung (PSA) gegen Absturz muss dann benutzt werden, wenn

  • Absturzsicherungen, wie z. B. Seitenschutz, aus arbeitstechnischen Gründen nicht möglich sind oder
  • Auffangeinrichtungen (wie Fanggerüste, Dachfanggerüste, Auffangnetze) unzweckmäßig sind.

Dies könnte der Fall sein, wenn

  • das Anbringen und Entfernen eines Gerüstes oder Fanggerüstes unverhältnismäßig länger dauert, aufwendiger ist und die Gefährdung beim Aufbau höher ist als die Benutzung eines Sicherheitsgeschirrs
  • Arbeitsschritte erforderlich sind, die den Einsatz dieser Absturzsicherungen unmöglich machen.
Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz
Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz

Eine PSA gegen Absturz kann erforderlich werden:

  • bei Arbeiten in der Nähe von Flachdachkanten,
  • in der Nähe von Giebelkanten,
  • an Gittermasten,
  • bei Arbeiten geringen Umfangs an Absturzkanten,
  • in Verbindung mit Steigschutzeinrichtungen,
  • bei Montagearbeiten,
  • beim Einsteigen in abwasserführende, umschlossene Anlagen.

Bei der Verwendung und dem Einsatz von PSA gegen Absturz ist Folgendes zu beachten:

  • Es dürfen nur CE-gekennzeichnete und EG-baumustergeprüfte Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz bestehend aus Auffanggurt, Verbindungsmittel (Seile/Bänder), Falldämpfer und mitlaufendem Auffanggerät benutzt werden.
  • Beschäftigte müssen über den sachgerechten und bestimmungsgemäßen Umgang und Gebrauch unterwiesen werden. Die Anwendung der PSA muss unter Anleitung einer sachkundigen Person praktisch geübt werden.
  • Die PSA gegen Absturz ist vor jeder Benutzung einer Sichtprüfung zu unterziehen.
  • Eine Prüfung durch eine sachkundige Person ist mindestens einmal im Jahr und nach einer Beanspruchung durch einen Absturz durchzuführen.
  • Die PSA gegen Absturz ist möglichst oberhalb des Benutzers/der Benutzerin anzuschlagen.
  • Die PSA ist nur an tragfähigen Bauteilen oder speziellen Anschlageinrichtungen zu befestigen. (Ein gemauerter Kamin oder eine Blitzschutzanlage sind keine geeigneten Anschlagpunkte.)
  • Sind gesonderte Anschlagpunkte (sogenannte Sekuranten) im Arbeitsbereich vorhanden, müssen diese primär verwendet werden.
  • Der/die Vorgesetzte hat die Anschlageinrichtungen festzulegen und dafür zu sorgen, dass die PSA gegen Absturz benutzt werden.

Völlig ungeeignet als Anschlagpunkte sind z. B. Kamine, Regenrinnen und deren Halterungen, Blitzableiter, etc. Kranhaken sind als Anschlagpunkte ebenfalls nicht zugelassen. Eine daran befestigte PSA gegen Absturz täuscht eine Sicherheit vor, die sie nicht hat und ist lebensgefährlich.

  • Nur Karabinerhaken benutzen, die eine Sicherung gegen unbeabsichtigtes Öffnen haben (z. B. Schraubverschluss).
    Karabinerhaken
    Karabinerhaken
  • PSA gegen Absturz ist vor schädigenden Einflüssen, wie z. B. Öl, Säure, Laugen, Putzmittel, Funkenflug, Erwärmung über 60° C, Sonneneinstrahlung, zu schützen und trocken zu lagern.
  • Beschädigte oder durch einen Absturz beanspruchte PSA gegen Absturz darf nicht weiter verwendet werden. Sie ist der Benutzung zu entziehen, bis eine sachkundige Person diese geprüft und einer weiteren Benutzung zugestimmt hat.
  • Das Verbindungsmittel (Seil/Band) ist bei der Benutzung immer straff zu halten. Eine Schlaffseilbildung wird durch den Einsatz von Seilkürzern vermieden. Anstelle eines Seilkürzers kann auch ein Höhensicherungsgerät eingesetzt werden.Dieses hält das Verbindungsmittel automatisch straff.
    Höhensicherungsgerät
    Höhensicherungsgerät
  • Die Verbindungsmittel (Seile/Bänder) dürfen nicht über scharfe Kanten gezogen, verknotet und behelfsmäßig verlängert werden.

Vor Beginn der Arbeit unter Einsatz Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz müssen Rettungsmaßnahmen für den Ernstfall geplant werden. Dazu gehört:

  • Rettungsgeräte und -einrichtungen (z. B. Abseilgeräte) bereitstellen und geeignete Verfahren zur Rettung festzulegen.
  • Alle Betroffenen in das Rettungskonzept einzuweisen.
  • Zu beachten, dass durch längeres Hängen im Auffanggurt weitere Gefahren entstehen können (z. B. Hängetrauma, Kreislaufversagen, Tod). Eine Rettung ist deshalb innerhalb von 20 Minuten nach dem Absturzereignis zwingend notwendig.

Keine Alleinarbeit! Wegen der hohen Unfallgefahr und weil bei einem Absturzunfall ein schneller Notruf und Rettung aus der Situation lebenswichtig ist, ist Alleinarbeit bei Arbeiten mit Absturzgefahr unter Verwendung von Persönlicher Schutzausrüstung gegen Absturz nicht zulässig.

5. Weitere Informationen