Heben und Tragen von Lasten
1. Allgemeines

In vielen Berufen müssen häufig Lasten bewegt, das heißt gehoben, geschoben oder getragen werden. So werden zum Beispiel beim Kommissionieren über die gesamte Schicht Pakete gehandhabt.
Bei anderen Tätigkeiten werden schwere Lasten nur gelegentlich am Tag bewegt, beispielsweise beim Bestücken von Maschinen.
Sind diese Lasten zu schwer oder werden zu häufig in falschen/ungünstigen Körperhaltungen gehoben und getragen, kann es zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Muskel-Skelett-Systems kommen:
- Überbeanspruchung der Muskulatur (zum Beispiel Verspannungen)
- Akute Wirbelsäulenschädigung (zum Beispiel Bandscheibenvorfall)
- Bleibende/chronische Wirbelsäulenschäden
- Entzündliche und degenerative Veränderungen der Knie- und Hüftgelenke
Häufig resultieren daraus lange Krankheits- und Ausfallzeiten, oder die Betroffenen sind dauerhaft nicht mehr voll einsatzfähig.

2. Richtwerte zum Heben und Tragen
Die “Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der manuellen Handhabung von Lasten bei der Arbeit” (Kurz: Lastenhandhabungsverordnung bzw. LasthandhabV) legt keine Grenzwerte fest, sondern verweist auf die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung.
Bei nachstehenden Lastgewichten ist grundsätzlich von einer Gefährdung auszugehen, wenn diese mit einer Häufigkeit von ca. 250 Hebe-/Umsetzungsvorgängen oder 30 Minuten Tragedauer pro Arbeitstag gehandhabt werden.
Lastgewichte (in kg) und Aktionskräfte (in N) mit einem erhöhten Risiko für die Verursachung bandscheibenbedingter Erkrankungen der Lendenwirbelsäule
Tätigkeit | Frauen | Männer |
---|---|---|
beidhändiges Heben | 10 kg | 20 kg |
einhändiges Heben | 5 kg | 10 kg |
beidhändiges Umsetzen | 20 kg | 30 kg |
einhändiges Umsetzen | 5 kg | 10 kg |
beidseitiges Tragen neben dem Körper, auf den Schultern oder dem Rücken | 20 kg | 30 kg |
Tragen vor oder einseitig neben dem Körper | 15 kg | 25kg |
Ziehen | 250 N | 350 N |
Schieben | 300 N | 450 N |
Beim Heben von Lasten wird der Oberkörper je nach Höhe der Lastaufnahme oder Lastabgabe mehr oder weniger stark nach vorne geneigt. Aufgrund des Zusammenhangs zwischen Rumpfneigung und Wirbelsäulenbelastung werden deshalb in der Tabelle zwei Kategorien unterschieden: “Heben” ist in der Regel mit deutlicher Rumpfneigung verbunden, während beim “Umsetzen” in diesem Zusammenhang keine starke Rumpfneigung auftritt.
Quelle: Tabelle Merkblatt BK 2108 (BAUA)
Für werdende Mütter gelten deutlich geringere Werte :
- regelmäßiges Heben und Tragen nicht mehr als 5 kg,
- gelegentliches Heben und Tragen nicht mehr als 10 kg.
3. Beurteilung
Beim Heben und Tragen spielen viele verschiedenen Faktoren eine wichtige Rolle. Neben Alter, Geschlecht, physischer Konstitution und Körperhaltung, sind insbesondere das Gewicht der Last, die Tragedistanz sowie die Dauer und Häufigkeit der Lasthandhabung von großer Bedeutung.
Leitfragen für die erste orientierende Beurteilung können sein:
- Kommt Heben, Halten und Tragen häufig vor, z. B. mehr als 50 Mal am Arbeitstag?
- Sind die Lastgewichte hoch, beispielsweise mehr als 10 kg bei Frauen oder mehr als 20 kg bei Männern?
- Kommen beim Heben, Halten und Tragen ungünstige Körperhaltungen und Körperbewegungen vor, z. B. Rumpfvorneigung, Rumpfverdrehung, körperfernes/Über-Schulter-Greifen, Hocken, Knien oder extreme Hand-Arm-Stellungen?
- Sind die Ausführungsbedingungen ungünstig, z. B. schlechte räumliche Bedingungen wie beengter Arbeitsraum, Klimabedingungen wie Hitze oder Greifbedingungen (scharfkantig, schmierig etc.)?
- Werden die Tätigkeiten von den Beschäftigten als beanspruchend empfunden?
Wenn Sie eine oder mehrere Leitfragen mit “Ja” beantwortet haben, sind Maßnahmen zur Reduzierung der Belastung erforderlich. Da die Beurteilung sehr komplex ist und die empfohlenen Umsetzungshilfen, wie die Leitmerkmalmethode, nicht einfach anzuwenden sind, empfiehlt es sich, Ihre Fachkraft für Arbeitssicherheit mit einzubeziehen.
Stimmen Sie mögliche Maßnahmen mit dem Kundenbetrieb ab.
4. Praxishinweise zum richtigen Heben und Tragen
Lässt sich manuelles Heben und Tragen von schweren Lasten nicht vermeiden, helfen folgende Praxishinweise die Belastung zu reduzieren:
- Nie zu viel auf einmal tragen! Besser mehrmals gehen.
- Lasten immer aus der Hocke heben. Dabei den Rücken immer gerade halten und nicht verdrehen.

- Auf festen Griff und sicheren Stand achten.
- Die Last möglichst nahe und vor dem Körper tragen.

- Lasten - wenn möglich - beidhändig tragen.

- Beim gemeinsamen Tragen von Gegenständen:
- Vorgang abstimmen.
- Eine Person übernimmt das Kommando.
- Last auf Kommando anheben und absetzen.
- Ausreichend viele Personen einsetzen.

- Bei schweren Lasten Hilfsmittel, wie beispielsweise Transportwagen, benutzen


- Niemals versuchen, fallende Lasten aufzufangen.
- Transportwege frei von Stolperstellen, Unebenheiten und Rutschgefahren halten.